Philipp Nordmann - Gütersloh

Von Energiepässen, Ausnahmen, Energiekosten, freier Wahl zwischen Bedarfsausweis und Verbrauchsausweis, etc.

Seit langem dürfen potenzielle Käufer und Neumieter von Wohnungen und Gebäuden den Energieausweis verlangen. Kein Mieter oder Käufer will erst bei der Heizkostenabrechnung erfahren, ob er sich für ein Energiesparhaus oder für eine Energieschleuder entschieden hat. Leider haben sich Missverständnisse u.a. in den Medien verbreitet und dadurch beim Endverbraucher weit verbreitet:

1. Den Energieausweis nennt man auch `Energiepass´
Den `Energiepass´ kennen viele Menschen durch die Berichte in den Medien. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) z.B. entwickelte den freiwilligen `dena-Energiepass´ und testete ihn von 2003 bis 2007 bundesweit in einem Feldversuch für Wohngebäude im Bestand. Diese dena-Energiepässe gelten zehn Jahre lang ab Ausstellung bei Verkauf und Neuvermietung.
Aber: Die Europäische Kommission hatte in einer Richtlinie ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, Energieausweise einzuführen, wenn im Bestand eine Wohnung, ein Haus oder Gebäude verkauft oder neu vermietet wird. In Deutschland hat die Bundesregierung inzwischen die EU-Richtlinie durch die Energieeinspar-Verordnung (EnEV) umgesetzt, d.h. Energienachweise bei Verkauf und Neuvermietung eingeführt. Die Ausweise heißen `Energieausweis´ wie auch das Muster, das die EnEV dafür zur Verfügung stellt.

2. Alle Vermieter und Verkäufer müssen einen Energieausweis vorweisen
Nein, nicht alle Vermieter und Verkäufer müssen den Energieausweis vorweisen: Zum Beispiel für Baudenkmäler und Ferienhäuser muss kein Energieausweis ausgestellt werden!
Den Energieausweis kann der Eigentümer anstatt ihn auszuhändigen auch bei der Besichtigung beispielsweise im Treppenhaus oder im Flur zur Einsicht aushängen.

3. Der Energieausweis zeigt die künftigen Energiekosten
Nein, dies ist nicht möglich, auch wenn es allen gut gefallen würde. Der Energieausweis dient lediglich der Information: Er soll Mietern und Käufern bei der Auswahl helfen, beispielsweise eine `Energieschleuder` von einem `Energiesparhaus` zu unterscheiden. Deshalb sind im Energieausweis als Orientierungshilfe auch die verschiedenen Energiestandards mit aufgeführt. Selbst wenn der Energieausweis auf der Grundlage des gemessenen Verbrauchs erstellt wurde, also ein sogenannter Verbrauchsausweis ist, können die in ihm enthaltenen Daten nicht verbindlich für zukünftige Nutzer (Mieter) gelten.

4. Eigentümer, Vermieter und Verkäufer können immer wählen zwischen Bedarfs- oder Verbrauchs-Ausweis
Wenn nur über den Energieausweis im Bestand bei Verkauf und Neuvermietung gesprochen wird, stimmt diese Aussage bis auf eine Ausnahme: Dies sind die kleinen Wohngebäude mit maximal vier Wohnungen, die noch vor 1977 erbaut wurden und die bis heute die Anforderungen der Wärmeschutzverordnung 1977 noch immer nicht erfüllen, weil sie bis heute nicht saniert wurden.
Diese verbrauchen besonders viel Energie und die Eigentümer und Vermieter sollen zu Sanierungsmaßnahmen angeregt werden. Deshalb darf, wer solch ein Wohnhaus oder eine Wohnung verkaufen oder neu vermieten will, seit 2008 nur noch einen Bedarfs-Energieausweis ausstellen lassen.

5. Nur Energieberater stellen Energieausweise aus
Viele Berufsgruppen sind berechtigt, Energieausweise auszustellen, insbesondere Architekten und Ingenieure sowie immer mehr Schornsteinfegermeister, die sich als Energieberater ein zweites Standbein aufgebaut haben.

6. Der Verbrauchs-Ausweis muss keine Modernisierungsempfehlungen enthalten
Dies stimmt nur für gewisse Fälle - beispielsweise wenn das Bestandsgebäude bereits renoviert wurde. Ansonsten fordert die Energieeinsparverordnung Empfehlungen für die Verbesserung der Energieeffizienz. Auch muss der Aussteller dem Eigentümer ggf. mitteilen, dass er keine Modernisierungen empfehlen kann. Angesichts der `billigen' Energieausweise, die über das Internet bestellt und versendet werden, stellt sich die Frage: Kann man Modernisierungen empfehlen, ohne das Gebäude zu besichtigen?

nach oben